Vermischtes

Hinterste Ecke der Schublade

schiffisch


Mit meinem Schul- und Musikfreund Stephan Richter habe ich regelmäßig musikalische Projekte geplant und umgesetzt. Die Idee zu "schifffisch" war, Gedichte, die entweder ein Schiff oder einen Fisch zum Thema hatten, von einem Schauspieler lesen zu lassen. Parallel dazu wollten wir Musik mit einem z.T. neunköpfigen Ensemble mit einem Vierspurkassettenrecorder live aufnehmen (im Zeitalter von Harddisk-Recording und portablen Audio-Interfaces eine geradezu lachhafte Herangehensweise). Beim Mischen wurden dann die Gedichte über die Stücke und Improvisationen montiert. "Catch", ein Gedicht von Langston Hughes verwandelt sich nach einem rhapsodischen Sopransaxsolo von Werner Siebert in ein bizarres Ostinato, halb menschlich, halb fremd. "Sea Grapes" von Derek Walcott ist eine Improvisation ebenso wie Robert Haydens "The Diver"; keine Ahnung, wie es mir dabei gelungen ist, Carlton Bunces Stimme so weit zu isolieren, dass sie immer verständlich blieb, trotzdem sind beide Stücke in ihrem unsteten Flow sehr organisch. Ebenfalls von Robert Hayden ist das längste Stück "Middle Passage", das den Sklavenhandel auf Schiffen thematisiert und das Dank Carltons eindringlicher Lesung zu einem kleinen Hörspiel wurde. Ich hatte dazu ein längeres Stück geschrieben, halb grafisch, halb konventionell notiert, das sicher noch viel mehr Probenzeit vertragen hätte. Den zeitlichen Ablauf hatte ich nur per Stoppuhr im Blick, und es brauchte hinterher ein paar Stunden, bis der Text vom einen DAT und Musik von der Kassette auf den Master-DAT zusammengemischt war. Zwei der Stücke, "The Fish" (Elisabeth Bishop) und "My Ship" (Kurt Weill) legten Stephan und ich als Duos an, und sie gehören zu den schönsten Momenten, die uns je geglückt sind. Zwei Instrumentals bilden kurze Zwischenspiele und als Epilog setzten wir das Ende von Melvilles "Moby Dick" ein, das aus einer lärmenden

Orgie gegen den Boden gedonnerter Stahlplatten auftaucht. Wir hatten die Künstler in den Ateliers der Domagkstrasse, wo diese Session stattfand, da einer harten Zumutung ausgesetzt, das tut mir heute noch leid, denn wir selbst hatten das gar nicht so wahrgenommen. Bin aber sehr froh, dass die Beschwerdeführer erst hereinplatzten, als wir quasi fertig waren. 2019 überspielte ich das DAT-Master in den Rechner und auf CD. Leider ist das Ergebnis sehr gut, wenn man die Umstände und Beschränkungen bedenkt, aber wegen der Urheberrechte der verwendeten Texte und der großen Anzahl von Beteiligten ist diese Musik quasi unveröffentlichbar: Tja, ein tolles Projekt für die Schublade.

DJANGO.


1997 wollten Stephan und ich dann noch eine Stufe weiter und ein Projekt herausbringen, das uns endlich auch mal etwas Öffentlichkeit bescheren sollte. Zusammen mit Stephans WG-Kollegin Gabi Szabo, die als Regisseurin in München lebte, wollten wir ein Theaterstück mit improvisierter Musik erarbeiten. Grundlage dafür war ein dreiteiliges Langgedicht von Stephan: Es umkreist die Begegnung von Django Reinhardt mit einem deutschen Wehrmachtsoffizier, der als heimlicher Fan seiner Musik diesen bei einer Kontrolle nicht verhaftet. Es geht also um Angeln, Malen und Billardspielen; um Pflicht versus Liebe zur Musik und um eine mögliche Position für Widerstand. Ich schrieb eine Ouverture und mehrere Stücke, die den Abschnitten des Gedichts zugeordnet waren, und Parts enthielten, mit denen wir gemeinsam mit den Schauspielern über Text/Aktion/Musik improvisierten.

Im zweiten Teil des Abends performten wir mit dem afroamerikanischen Dichter Kalamu Ya Salaam, den wir aus New Orleans eingeladen hatten. Er rezitierte seine Gedichte über unsere Musik und Stücke von Monk und Golson. Viel Improvisation, viel Spontaneität, eine Mischung aus Artifiziellem und Geerdetem.

Leider war die Kritik in der Süddeutschen wenig positiv und organisatorisch mussten wir nach den zwei Abenden im Gasteig in eine stillgelegte (und abgelegene) Industriehalle

© LyraBelacqua-Sally

umziehen, so dass wir ziemlich wenig Zuschauer/Einnahmen hatten.

Aber allein wegen der Erinnerungen an die guten Momente würde ich dieses Projekt niemals aus meiner Schublade werfen.

electric playground #1-10


Die Songs von "electric playground #1-10" bestehen alle aus zehn unterschiedlichen stark verfremdeten Rhythmusebenen, die ich mit einem Drumcomputer und Effekten 2001 erstellt hatte. Darüber habe ich dann Bass- und Gitarrenspuren gespielt; ich mag es immer noch...

Das Projekt war mein Einstieg ins Harddisk-Recording, eigentlich wollte ich ja mal Tonmeister werden, aber meine pianistischen Fähigkeiten hätten für eine Aufnahmeprüfung nicht gerreicht.

20 Jahre später hat der technologische Fortschritt etwas erreichbar gemacht, was früher nur den Studios vorbehalten war: Jetzt kann sich jeder auf diesem Spielplatz tummeln: Demokratisierung und Banalisierung zugleich.


Klangbeispiele folgen...

© Tina Hrdlicka

Musikus


Der Pianist und Singer- Songwriter Patrick Kutscha gehört zu meinen ältesten Musikfreunden. Immer wieder durfte ich in seinen Projekten mitwirken und erleben, wie sich seine Songs über die Zeit hinweg weiterentwickelten. Nach seine EP "Fly", zu der ich auch ein paar Gitarren beigesteuert habe, hat er sie in diesem Album verdichtet und auf den Punkt gebracht. Vor allem erinnere ich mich gerne an den Rausch, in den wir uns beim Abmischen hineingesteigert hatten... Wer keine Angst vor Gefühlen und Romantik hat und zusätzlich Genesis etwas abgewinnen kann, der wird hier fündig werden.

Hier ist der Link zu dem kompletten Album bei soundcloud:

Link zu "Musikus" auf soundcloud Link zu weiteren Songs v. Patrick Kutscha